Dienstag, 29. Mai 2012

FÜNFUNDDREISSIG

Der Geruch einer grünen Wiese dringt in meine Nase. Ich atme tief ein, schließe die Augen, genieße die Sonnenstrahlen auf der Haut, die sich langsam aber sicher auf meine Arme und Beine einbrennen. Es ist mir egal, dass meine Arme anfangen zu brennen und zu jucken, wen interessiert das schon.
Ich öffne langsam die Augen, trotz Sonnenbrille blenden die Strahlen und ich kneife, erschrocken von der Intensität des Lichts, meine Lider zusammen.
Neben mir sitzt Teddy, klimpert auf seiner Gitarre herum, als würde alles Schlechte auf der Welt von seinen Melodien verdrängt werden.
Aber irgendwie stimmt es. Ich lehne mich zurück, blinzel in die Sonne. Ich fühle mich gut, eindeutig, mir geht es gut.
Verwirrt runzle ich die Stirn, setze mich auf, denke nach, versuche mich zu konzentrieren.
Nein, ich BIN glücklich. Jetzt grad, in diesem Moment, bin ich glücklich.
Ich blicke zu Teddy.
Lass  uns doch noch etwas spielen! bitte ich ihn und er schlägt in die Saiten, ich schließe die Augen, singe leise mit, suche nach Textfetzen, werde stärker, meine Stimme wird lauter, ich bin nicht mehr hier, nicht mehr hier...

Sonntag, 20. Mai 2012

VIERUNDDREISSIG

Der nachfolgende Post soll weder zeigen, dass ich irgendwelche versteckten Gefühle für Alex habe, noch, dass ich die Trennung nicht verarbeitet habe.
Ich möchte nur deutlich machen, dass er nicht allein für alles verantwortlich ist/war, da ich ihn hier ja oft genug als Bösen Buben dargestellt habe. Auch ich habe meinen Anteil zu tragen, und mein Berg ist nicht gerade klein.
Danke.


Ich erwache aus meiner Starre, dieser eiskalten Starre, was habe ich getan, oh Gott, was tue ich da?!
"Ich hasse dich, du bist es nicht wert, meinen Namen auszusprechen, du bist nichts, du bist Dreck!" höre ich eine Stimme sagen, spüre meinen Mund diese Dinge formen, aber das bin nicht ich, das ist nicht das, was ich sagen will.
"Ich liebe dich Alexander! Hör nicht hin, ich bitte dich, hör nicht hin!" schießt es durch meinen Kopf, mein Herz schlägt, mein Blut schießt durch meine Adern, aber kein Ton fährt über meine Lippen.
Nur dein Weinen dringt an meine Ohren, das erstickte Schluchzen dröhnt in meinem Kopf, als wäre jeder Laut ein weiterer Nagel in meinem Kopf.
Benommen nehme ich war, wie sich aus den Tönen Wörter bilden: "Ich kann nicht mehr, Jessica, ich ertrage das nicht mehr!"
Ich schlucke. "Machst du Schluss?"
- "Ja."
- "Schön" antworte ich und höre mein Herz mit deinem brechen, spüre, wie sich die Splitter tief in meine Seele graben.
Oh Gott, was habe ich getan?!

Mittwoch, 16. Mai 2012

DREIUNDDREISSIG

Ich sitze vor dem iPod meines Bruders, kann nicht glauben, was du mir sagst, wie du mit mir umgehst. Ungläubig lese ich mir deinen letzten Kommentar durch. Deine abfälligen Worte, der überhebliche Tonfall, der mitschwingt, ist fast sichtbar. Ich kenne dich. Deine Art, die Bedeutung deiner Wörter, ich kenn alles. Und ich fange an es zu hassen. Ich hasse so viel. Deine Aussage, du könntest nicht mit meiner Krankheit umgehen. Ist das ein Grund, sie zu verschlechtern?! Ist das der Grund, dass ich mir alles von dir gefallen lassen muss?! Ich habe dich nie darum gebeten, mir zu helfen, ich hab dich nur um etwas Rücksicht gebeten. Aber ist selbst das zu viel für dich?! Bekommst du es nichtmal auf die Reihe, nett zu mir zu sein?! Ist das wirklich so schwer für dich?! Willst du mir wehtun? Macht es dir Spaß... Ich habe nichts als Zorn in meinem Kopf, merke, wie mir vor Wut die Tränen kommen, will am Liebsten in dein Gesicht schreien: Ich bin immer noch ich! Du hast mich mal geliebt! Was habe ich dir getan, dass du mir nun so wehtust?!

Montag, 7. Mai 2012

ZWEIUNDDREISSIG

Ich stehe vor dem Fahrstuhl, drücke den Knopf, atme tief ein und trete in die Kabine. Bis nach ganz oben fahre ich, steige aus, blicke nach links zu der bunten Tür. Ich will da nicht rein! schießt es mir durch den Kopf. Alles, jede Faser, jeder Muskel in meinem Körper sträubt sich gegen meine nächsten Schritte. Ich öffne die bunte Tür. "Er wartet schon auf dich." Mit einem kurzen Nicken in Richtung der Sprechstundenhilfe betrete ich das helle Zimmer.
"Hallo Jessica. Deine letzte Sitzung heute, oder?"
"Jap. Worüber wollen Sie mit mir reden?" Ich blicke ihn nicht an, sehe auf den Boden, reib an meinem Handgelenk, ich will ihn nicht ansehen.
"Über deine Arme. Jessica, sag mir, was dich dazu bewegt hat, dir das anzutun." Er beugt sich nach vorn, nimmt mein Handgelenk in seine großen Hände, betrachtet es skeptisch. Ich will nicht drüber reden, will ihm nicht meine Welt erklären müssen, zum tausendsten mal.
"Die erste hier, die ist da, weil ich nicht mehr leben wollte." flüstere ich, immer noch unfähig, seinem eindringlichen Blick Stand zu halten.
"Und die hier?" fragt er mich, mustert auf die feinen Querstreifen auf meinem Arm, die sich wie weiße, feine gemalte Streifen auf meinem Handgelenk abzeichnen.
" Ich wollte nur sichergehen, dass ich noch am Leben bin." meine Augen wandern nach oben, ich sehe seinen erstaunten Blick.
"Wieso? Wie kannst du dir nicht sicher sein, dass du am Leben bist?" Ich höre den überraschten Unterton in seiner Stimme.
"Mein Leben fühlt sich nicht mehr real an." antworte ich.

Mittwoch, 2. Mai 2012

EINUNDDREISSIG

Wir erklimmen die restlichen Stufen der Treppe, sofort fällt mir eine Parkbank auf, ich sehe René an, deute mit dem Kopf kurz in ihre Richtung, er nickt und wir steuern auf sie zu. 
Mit einem erleichterten Seufzen lasse ich mich auf sie fallen, blicke umher. Durch den Sepiaton meiner Sonnenbrille wirkt alles, wie in einem alten 60er Jahre Streifen, ich bilde mir ein, leise Musik im Hintergrund zu hören, ein kurzes Lächeln blitzt über mein Gesicht. Ich blicke wieder auf, sehe rüber zu René und beobachte ihn dabei, wie er zwei Zigaretten dreht, die eine reicht er mir, die andere steckt er sich an. Dankend nehme ich sein Feuer entgegen, lege den Kopf in den Nacken, halte den Zug unnatürlich lange in der Lunge und atme in den Himmel aus. 
Wir fangen an, über unmögliche Dinge zu reden, googlen Begriffe, fühlen uns Hyperultramegaintelligent.
Unser Lachen erzeugt ein Echo an den Kirchenwänden, die Sonne scheint warm vom Himmel, ich spüre ihre Strahlen auf der Haut, obwohl ich im Schatten sitze. 
Nach einer Weile, gefühlt waren es 2 Stunden, aber ich weiß, dass es nur ungefähr 30 Minuten waren, erblicke ich Henne, ich blicke wieder zu René, frage ihn, ob wir uns zurück in die warme Sonne zu den anderen setzen wollen, wir stehen auf, gehen... nein, schlendern zu Henne, Alex und Alena. 
Die warmen Stufen brennen auf der Haut, ich schiebe meinen Hut zurecht, blintzle durch meine Sonnenbrille mit dem 60er Jahre-Sepiaton in Richtung der Anderen, lache mit ihnen. Und zwischen durch denke ich immerzu:
Wie schön das Leben ist. Wie schön einfach.